Strukturierte Befundung in der Radiologie – Status und Zukunftsaussichten in Verbindung mit KI

Für viele Radiologinnen und Radiologen ist das Diktiergerät ein alltäglicher Begleiter. Die meisten Befunde werden klassisch in das Gerät gesprochen. Diese Tradition setzt sich bereits seit einigen Jahrzehnten fort. Obwohl die diktierte Art der Befundung zeitsparend und deshalb noch immer sehr beliebt ist, bringt sie auch Probleme mit sich. Vor allem in der auf Befunden basierenden Behandlung können Ärztinnen und Ärzte auf Schwierigkeiten stoßen, wenn die für sie wichtigen Informationen nicht angegeben sind. An dieser Stelle kann strukturierte Befundung weiterhelfen. Klar formulierte Schritte zeigen den Radiologinnen und Radiologen, welche Informationen im Befund noch fehlen oder generell nützlich sein können. Dabei kann auch künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz kommen, um die Befundung teilweise zu automatisieren. Bei der Veranstaltung „Strukturierte Befundung in der Radiologie – Status und Zukunftsaussichten in Verbindung mit KI“ präsentierten unterschiedliche Anbieter ihre Lösungen und Produkte für strukturierte Befundung. Über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer machten die dritte Folge der Reihe „Zukunft Teleradiologie“ zu einem großen Erfolg.

„Die Radiologie hat sich technisch weit entwickelt, bei der Befundung hat sich jedoch recht wenig getan“, erläuterte Priv.-Doz. Dr. Pinto dos Santos, Oberarzt und Sektionsleiter der Computertomografie im Universitätsklinikum Frankfurt am Main, in einem einleitenden Impulsvortrag. „Das liegt vor allem daran, dass die unstrukturierte und diktierte Befundung in der Regel eine schnelle und unkomplizierte Methode ist. Strukturierte Befundung sorgt dagegen für geordnete Daten, sodass alle wichtigen Informationen für die Behandlung vorhanden und schnell zu erfassen sind.“ KI könne dabei die Radiologinnen und Radiologen maßgeblich unterstützen. Mithilfe der Algorithmen ließen sich beispielsweise vorläufige Befunde ausführen, welche anschließend nur noch kontrolliert und gegebenenfalls korrigiert werden müssten.

Dr. Florian Jungmann, Facharzt für Radiologie im Marienhaus Klinikum Saarlouis, knüpfte an den Impulsvortrag an und vertiefte das Thema Künstliche Intelligenz. „Mit dem ‚Natural Language Processing‘ (NLP) lassen sich gesprochene Texte mithilfe der KI automatisch in ein standardisiertes Format bringen. Anschließend müssen die Inhalte nur noch in den Kontext der Untersuchung gesetzt werden. Dadurch entsteht ein neuer Workflow, der durch intelligente Algorithmen unterstützt wird. Die Befunde können zudem immer noch frei diktiert werden. Die KI bietet eine Entscheidungsunterstützung, final obliegt das letzte Wort aber immer der Radiologin oder dem Radiologen.“ Mithilfe dieser Methode sei es zudem auch möglich, zuvor freie Befunde zu strukturieren.

Matthias Steffen, Geschäftsführer der FUSE-AI GmbH, stellte mit Dr. Sebastian Schäfer, Leiter Forschung und Entwicklung bei mint medical, ein gemeinsames Projekt für strukturierte Befundung vor, das mithilfe künstlicher Intelligenz bei Untersuchungen der Prostata, Prostata-Zonen und bei Läsionen unterstützt. Die KI-Software „Prostate.Carcinoma.ai“ der FUSE-AI ist in der Software-Plattform „mint LesionTM“ von mint medical integriert und kommuniziert direkt über die DICOM-Schnittstellen. „Unser Programm kann automatisch bestimmte Stellen, wie eine Prostata oder Läsionen, markieren sowie vermessen und damit Radiologinnen und Radiologen bei der Befundung unterstützen. Dadurch wird die Diagnose beschleunigt und der Aufwand reduziert“, erklärte Matthias Steffen.

Die Markierungen und Angaben der KI ließen sich dann bei der Befundung mit „mint LesionTM“ anpassen oder bestätigen. „Unsere Plattform bietet eine schrittweise Befundung. Über verschiedene Multiple-Choice-Abfragen können Details verändert oder hinzugefügt werden. Abschließend kann die Radiologin oder der Radiologe den Befund aus der Software als PDF speichern“, erläutert Dr. Sebastian Schäfer. Erste praktische Erfahrungen mit dieser modernen Methode der Befundung konnte bereits Dr. Felice Burn, Leiter des AI-Projektteams am Kantonspital Aarau, sammeln. „Die intelligenten Algorithmen bieten definitiv einen Mehrwert in unserem radiologischen Befundungs-Workflow. Dank der Strukturierung und der Visualisierungen der Software haben unsere Befunde eine höhere Qualität, während die KI den Prozess beschleunigt.“

Daniel Fesl, Partner Manager bei ImageBiopsy, präsentierte die Software-Plattform „ImageBiopsy Lab“, die automatisierte und standardisierte Röntgenauswertungen für Knie, Hand, Hüfte und Bein ermöglicht. „Unsere Lösungen erstellen 3D-Bilder und können beispielsweise verschiedene Knochen messen, die dann in einem Report direkt ins PACS oder RIS geschickt werden können. Dadurch werden die Radiologin und der Radiologe nicht aus dem Workflow gerissen. Außerdem kann unser Tool den Arthrose-Grad messen“, berichtete Daniel Fesl. „Die Daten des Reports können dann automatisch in den Befund eingesetzt werden, sodass der radiologische Prozess vereinfacht wird.“

„Guided Reporting“ stellt für Prof. Dr. Alexander Huppertz, Gründer und Geschäftsführer der Neo Q Quality in Imaging GmbH, das Reporting 3.0 und damit eine neue Ära der radiologischen Befundung dar. „Unsere Software ‚RadioReport‘ enthält einen komplexen, aber einfach zu bedienenden Entscheidungsbaum, in dem die Daten bei der Befundung eingegeben werden. Die KI sorgt dafür, dass der Radiologin und dem Radiologen die für die jeweilige Untersuchung wichtigen und notwendigen Fragen gestellt werden. Dabei werden die Angaben schrittweise und einfach per Multiple-Choice-Verfahren abgefragt“, erläutert Prof. Dr. Alexander Huppertz. „Nach abgeschlossener Befundung werden die Daten über unsere Software-Engine als zusammenhängender und verständlicher Text dargestellt.“

Abschließend waren sich das Publikum sowie Dr. Torsten Möller, Gründer und Vorstand der reif und möller diagnostic-network ag, und Dr. Uwe Engelmann, Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter der NEXUS / CHILI GmbH, einig, dass die strukturierte Befundung ein gewisses Maß an Eingewöhnung braucht, aber wesentlich zur Qualitätsverbesserung in der Radiologie beiträgt. Vor allem der Einsatz der KI könne dabei helfen, die Einstiegshürde zu senken. Je besser die Software-Lösungen in den bestehenden Workflow der Radiologie integriert seien, desto höher wäre auch die Wahrscheinlichkeit, dass die strukturierte Befundung eingesetzt wird.

Zukunft Teleradiologie wird auch 2022 fortgesetzt

Die Veranstaltungsreihe „Zukunft Teleradiologie“ wird auch 2022 fortgesetzt. Die nächste Veranstaltung findet am 10. März mit dem Titel „Workflow-Integration – Entwicklungspotential und Lösungsansätze in der Radiologie“ statt. Dr. Uwe Engelmann ist Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter der NEXUS / CHILI GmbH sowie Co-Initiator der Veranstaltungsreihe Zukunft Teleradiologie. Mit seinem Unternehmen entwickelt er seit der Gründung 1997 innovative Software-Lösungen für die Radiologie und kennt sich daher bestens mit der Workflow-Integration aus. In seinem Impulsvortrag erklärt Dr. Engelmann, worauf es bei der Integration von Anwendungen und künstlicher Intelligenz in den Workflow ankommt und welche Herausforderungen dabei gemeistert werden müssen. Im Anschluss stellen verschiedene Anbieter ihre Lösungen und Software-Konzepte für Workflow-Integration und KI vor. Weitere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung werden auf der Website www.zukunft-teleradiologie.de veröffentlicht.

„Zukunft Teleradiologie“ ist eine Veranstaltungs-Plattform für alle, die sich mit Teleradiologie und deren Weiterentwicklung durch Künstliche Intelligenz (KI) beschäftigen. Initiatoren sind die Deutsche Gesellschaft für Teleradiologie, Reif und Möller – Netzwerk für Teleradiologie, die NEXUS / CHILI GmbH und die Fachagentur FuP Kommunikation. Zum Erfolg der Veranstaltungen haben auch die Kompetenzpartner EIZO und FUSE-AI beigetragen. EIZO entwickelt und produziert seit 1968 hochwertige Monitore und Display-Lösungen für den Einsatz in teils hoch spezialisierten Märkten. Die FUSE-AI ist Spezialist für den Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Gesundheitswirtschaft. Die Kompetenzen des Startup-Unternehmens liegen in der Softwareentwicklung, also der intelligenten Bildanalyse mit den Methoden Deep Learning und Machine Learning, Software- und Schnittstellen-Engineering sowie Entwicklung grafischer Nutzeroberflächen.