Workflow-Integration – Entwicklungspotential und Lösungsansätze

Reibungslose Abläufe sind für den effektiven Arbeitsablauf der Radiologinnen und Radiologen essenziell. Daher ist es besonders wichtig, dass alle Anwendungen im Workflow-Prozess einwandfrei miteinander harmonieren. Die Einbindung neuer Software stellt Entwickler und Anwender jedoch immer wieder vor neue Herausforderungen. Umso mehr bemühen sich die Entwickler, neue Programme, Anwendungen und Plattformen bestmöglich in bestehende Systeme wie ein PACS oder RIS zu integrieren. Insbesondere KI-gestützte Software kann dabei für neue Hürden sorgen. Bei der Veranstaltung „Workflow-Integration – Entwicklungspotential und Lösungsansätze“ berichteten versierte Anwender aus der Radiologie über ihre Erfahrungen und erklärten ihre Anforderungen an die Workflow-Integration. Entwickler und Software-Anbieter präsentierten dem Publikum aus über 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmern ihre Lösungen. Damit wurde auch die vierte Veranstaltung der Reihe „Zukunft Teleradiologie“ ein großer Erfolg.

„Vor 30 Jahren gab es fast keinen Datenaustausch von IT-Systemen verschiedener Hersteller untereinander. Dank DICOM und IHE ist das heute jedoch kein Problem mehr. Die gleiche Entwicklung wünsche ich mir auch für Anwendungen mit künstlicher Intelligenz. Meine Traumvorstellung liegt darin, dass der Anschluss einer neuen KI so einfach wird wie der Anschluss einer neuen Kaffeemaschine an das Stromnetz“, erklärte Dr. Uwe Engelmann, Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter der NEXUS / CHILI GmbH in einer einleitenden Keynote. „KI-Anwendungen sollten sich nahtlos in das KIS, RIS, PACS und andere Systeme integrieren lassen. Für den Radiologen sollte dadurch kein zusätzlicher Zeitaufwand entstehen, sondern eine Ersparnis. Zudem müssen die Ergebnisse der KI in den vorhandenen Informationssystemen verfügbar sein.“ Idealerweise könne die KI die Daten aus dem PACS erhalten und aufbereitet zurücksenden, sodass die Radiologin oder der Radiologe die Informationen an der Workstation abrufen kann. „Mein Traum wäre es, wenn die KI die Ergebnisse direkt in das KIS und RIS sendet und auch in einer visuell ansprechenden Form in die Workstation zur direkten Kontrolle des Radiologen integriert ist“, erläuterte Dr. Uwe Engelmann.

„Künstliche Intelligenz in bestehende IT-Infrastrukturen einzubinden ist ein ressourcenintensiver Prozess, der viel Zeit in Anspruch nehmen kann. Unsere Lösung für dieses Problem ist ‚deepcOS AIM‘, eine Plattform über die KI-gestützte Software unserer mehr als 25 Partner mit einer einfachen Installation in den Workflow der Kliniken integriert werden kann“, erklärte Dr. Franz Pfister, CEO und Mitgründer der deepc GmbH. „Die Bilder werden aufgenommen, automatisiert an deepcOS geschickt und die personenbezogenen Daten gelöscht, damit die Bilder datenschutzkonform in der Cloud verarbeitet werden können. Dort wird dann die korrekte KI-Anwendung ausgewählt und die Daten werden prozessiert. Das Ergebnis wird zurück in die Einrichtung geschickt, mit den Originaldaten zusammengeführt und damit wieder der richtigen Patientin bzw. dem richtigen Patienten zugeordnet. Anschließend wird das Ergebnis in dem jeweiligen Bestandssystem angezeigt.“ Über den DICOM Standard ließe sich deepcOS bereits unkompliziert an die Schnittstellen der Kliniken anschließen. Zwar gebe es noch weiteres Verbesserungspotential und viele Features könnten noch dazukommen, allerdings arbeite deepc bereits an einer weiterentwickelten Version der Plattform, die eine noch tiefere Integration der KI ermöglichen soll.

Michael Glasa, Produktmanager HIT & Manager Sales Support CT bei Canon Medical Systems, stellte in seinem Vortrag die „Automation Platform“ von Canon Medical vor: „Unsere Plattform nutzt Deep-Learning Algorithmen zur Erkennung anatomischer Strukturen und ist eine ‚Null Klick-Lösung‘. Anwenderinnen und Anwender brauchen daher keine Interaktion mit einer Workstation. Die Bilder werden nach dem Scan automatisch an die Automation Platform gesendet und dort kategorisiert. Anschließend wird die entsprechende Anwendung gestartet, die einen automatisierten Bericht erstellt und diesen direkt ins PACS-Archiv sendet. Der Bericht kann jedoch auch in einer E-Mail oder App geöffnet werden, sodass die Ergebnisse den Ärztinnen und Ärzten der Klinik vorliegen und beispielsweise für ein Patientengespräch abgerufen werden können.“ Die in der Automation Platform gebündelten Software-Lösungen könnten unter anderem Schlaganfälle und Lungenembolien erkennen und auswerten. Auch eine Aortendissektion sei möglich und die Koronar-Analyse sollte in Kürze dem Portfolio hinzugefügt werden. „Die Automation Platform findet auch bereits praktische Anwendung. In der Charité in Berlin wird sie seit Dezember 2021 verwendet und beispielsweise bei jedem Schädel-CT eingesetzt. Dabei schätzt unser Kunde besonders, dass die Automation Platform zuverlässig, schnell und voll automatisch läuft.“

„Der Befund ist für die Radiologin und den Radiologen der Dreh- und Angelpunkt der täglichen Arbeit, denn sie verbringen rund 80 % ihrer Zeit damit. Handgeschriebene Befunde sind häufig fehleranfällig. Auch die Spracherkennung bei diktierten Berichten ist nicht hundertprozentig genau. Um diese Hürde zu bewältigen haben wir auf Basis des ‚Guided Reporting‘ unsere Lösung den ‚RadioReport‘ entwickelt“, berichtet Prof. Dr. Alexander Huppertz, Gründer und Geschäftsführer der Neo Q Quality in Imaging GmbH. „RadioReport stellt für uns das Reporting 3.0 dar und ist exakt auf die Anforderungen der täglichen Routine in der Radiologie zugeschnitten. Die Software agiert wie ein virtueller Interviewpartner und führt Schritt für Schritt durch den Reporting-Prozess. Anstatt zu diktieren, wird über Mausklicks ein zu 100 % automatisierter und strukturierter Text erstellt.“ Der RadioReport gehört ebenfalls zum Portfolio von deepcOS und kann mit den andern Software-Lösungen der Plattform zusammenarbeiten. So könne eine Warnmeldung erscheinen, wenn eine KI-Anwendung zum Beispiel eine intrakranielle Blutung entdeckt hat. „Die von der KI untersuchten Bilder können direkt abgerufen und der Reporting-Prozess durch RadioReport gestartet werden. Damit schaffen wir einen flüssigen Workflow, sodass Befunde mithilfe unterschiedlicher Anwendungen schnell und hochwertig erstellt werden können. Außerdem entsteht beim gesamten Prozess Big Data, die für die Weiterentwicklung der KI-Algorithmen verwendet werden kann“, erklärt Prof. Dr. Huppertz.

Alexis Laugerette, Product Management bei Siemens Healthineers, präsentierte im Rahmen seines Vortrags den AI-Rad Companion – eine multimodale und herstellerneutrale Plattform für KI-Anwendungen in der Radiologie: „Der AI-Rad Companion bietet viele Software-Lösungen sowohl aus dem Hause Siemens als auch von Drittanbietern. Unser Portfolio deckt vom Kopf-MRT bis hin zum Thorax-CT oder der Organ-Konturierung unterschiedliche Anwendungen vor Ort, in der Cloud oder auch hybrid ab. Allerdings sehen wir auch noch viel Potential in unserer Software. Aktuell werden die meisten Scans als ‚DICOM SC-Bilder‘ an den AI-Rad Companion gegeben und im gleichen Format wieder ins PACS gesendet. Diese Bilder können archiviert und angezeigt, allerdings nicht überarbeitet werden. Unsere Ideallösung sieht jedoch vor, dass die Bilder zunächst priorisiert werden und sich anschließend im PACS anpassen lassen.“ So sollen Radiologinnen und Radiologen die von der KI erstellten Untersuchungen akzeptieren und gegebenenfalls auch korrigieren können. „Unser Ziel ist, mit dem AI-Rad Companion eine vollintegrierte und KI-gestützte strukturierte Befundung zu ermöglichen. Ein paar Anwendungen konnten wir bereits voranbringen, viele Features befinden sich aber auch noch in der Entwicklung“, erklärte Alexis Laugerette.  

Zukunft Teleradiologie geht im September in die nächste Runde

Dr. Torsten Möller, Gründer und Vorstand der reif und möller diagnostic-network ag, zog zum Abschluss der Veranstaltung sein Fazit: „Wir haben heute viele interessante Ansätze für die Workflow-Integration gehört. Einige Anbieter können bereits jetzt vielversprechende Lösungen präsentieren, Entwicklungspotential ist aber definitiv noch vorhanden. Ich denke, dass wir in den kommenden Jahren große Fortschritte bei der tiefen Implementierung von künstlicher Intelligenz in den Workflow der Krankenhäuser und Kliniken erzielen werden.“ Die Veranstaltungsreihe „Zukunft Teleradiologie“ wird im September 2022 fortgeführt. Bei der nächsten Veranstaltung dreht sich alles um das Thema „Patient-Outcome“ in der Teleradiologie und die Frage, inwiefern der Einsatz künstlicher Intelligenz in diesem Bereich bereits erste Erfolge vorweisen kann. Weitere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung werden auf der Website www.zukunft-teleradiologie.de veröffentlicht. „Zukunft Teleradiologie“ ist eine Veranstaltungs-Plattform für alle, die sich mit Teleradiologie und deren Weiterentwicklung durch künstliche Intelligenz (KI) beschäftigen. Initiatoren sind die Deutsche Gesellschaft für Teleradiologie, Reif und Möller – Netzwerk für Teleradiologie, die NEXUS / CHILI GmbH und die Fachagentur FuP Kommunikation. Zum Erfolg der Veranstaltungen haben auch die Kompetenzpartner EIZO und Neo Q beigetragen. EIZO entwickelt und produziert seit 1968 hochwertige Monitore und Display-Lösungen für den Einsatz in teils hoch spezialisierten Märkten. Das Berliner Startup Neo Qbietet mit dem RadioReport eine neue und innovative Lösung für die strukturierte Befundung in der Radiologie an.